Tiertransporte
12.05.2021
Verwaltungsgericht Oldenburg kippt Verbot des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums für geplanten Rindertransport
In den vergangenen Tagen und Wochen haben wir alles, aber auch wirklich alles, unternommen, damit den 270 trächtigen Kühen, die in Aurich im Besitz der Rinderunion VOST der Transport nach Marokko erspart bleibt.
Die zuständige Landwirtschaftsministerin von Niedersachsen, Frau Otte-Kinast hatte den Transport aufgrund der massiven Proteste verboten. Dagegen hat VOST vor dem VG Oldenburg geklagt und es kam, wie es immer gekommen ist: Das Verwaltungsgericht hat angewiesen, den Transport abzufertigen. Dagegen ist der Landrat von Aurich, Olaf Meinen, nicht angegangen. Es gab keinerlei Gegenwehr, sondern die Tiere wurden nach bewährter Manier auf den Weg in die Hölle geschickt. Gestern Mittag haben sich 6 Viehtransporter von Aurich auf den Weg nach Marokko gemacht - über Frankreich, Spanien und dann übers Mittelmeer.
Hier eine ganz kurze Zusammenfassung (Brisant vom 11.05.2021, Minute 13:40 - 14:30:
https://www.mdr.de/brisant/video-517558_zc-3dcc43a8_zs-7eef104c.html
Urteilsbegründung:
Für ein Beschwerdeverfahren bestehen in dem konkreten Fall auf der Grundlage der gegebenen Sach- und Rechtslage nach Prüfung der Begründung aus Sicht des Landwirtschaftsministeriums (ML) keine Erfolgsaussichten. Durch den Beschluss wird die in der Angelegenheit inzwischen vorliegende gefestigte Rechtsprechung bestätigt, dass der Gesetz-/Verordnungsgeber in der Angelegenheit gefordert ist. Das ML wird aus diesen Gründen keine Beschwerde einlegen. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast appelliert noch einmal an den Bund, ein Verbot der Beförderung von Tieren in Drittstaaten, in denen begründete Zweifel an der Einhaltung des Tierschutzes bestehen, auszusprechen. Eine entsprechende Entschließung des Bundesrates liegt seit Februar vor.
Ein Hauptsacheverfahren (also ein Klageverfahren) kann lediglich der Betroffene – also hier der Organisator – anstrengen. ML oder der Landkreis haben keine Möglichkeit der Einflussnahme. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Weg vom Betroffenen beschritten wird.
Der Hintergrund:
Gemäß Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 10. Mai, der in einem Eilverfahren getroffen wurde, wurde der Landkreis Aurich verpflichtet, das Fahrtenbuch abzustempeln und den betreffenden Transport damit abzufertigen. Das Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg legt in einer Begründung dar, dass die Antragsteller einen Anspruch auf Abfertigung und Abstempelung des Fahrtenbuchs des für den 10. und 11. Mai 2021 beantragten Transports von 272 trächtigen Rindern nach Marokko haben. Rechtliche Grundlage sei Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1/2005. Die von den Antragstellern vorgelegten Dokumente enthielten wirklichkeitsnahe Angaben und ließen darauf schließen, dass die Beförderung als solche den Vorschriften der VO (EG) Nr. 1/2005 entspreche.
Das VG Oldenburg verdeutlichte, die Verordnung regele nicht, unter welchen Bedingungen die Tiere in Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaft geschlachtet werden dürfen.
Der Anspruch auf Abfertigung entfiele hier auch nicht, weil es nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Transport nach § 16a Abs. 1 Atz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG untersagt werden müsste. Dies begründete das Gericht damit, dass es an einer hinreichend konkreten Gefahr von Verstößen gegen § 2 TierSchG fehle. Allgemeine Erkenntnisse zum Umgang mit Tieren in dem Bestimmungsland seien hierfür nicht ausreichend. Sie begründen allenfalls eine abstrakte Gefahr, die wiederum ihrerseits zum Erlass abstrakt-genereller Regelungen in der Art etwa von verordnungsrechtlichen Verbringungsverboten nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TierSchG ermächtigen mag.
*******************************************************************************************
Es ist JETZT wichtig, dass möglichst viele an den u.a. Stellen protestieren!
Nochmal die Kurzfassung:
Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat in einem Eilentscheid das Verbot des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums für einen geplanten Transport von 270 trächtigen Rindern aus Aurich nach Marokko aufgehoben.
Das Gericht hat nach Klage des Exporteurs entschieden, dass der Landkreis Aurich den Transport abfertigen muss.
Der Transport kann jetzt nur noch verhindert werden, wenn das Veterinäramt Aurich die Papiere zur Abfertigung für den Transport NICHT ausstellt!
Die Zuständigkeit liegt beim Landrat Olaf Meinen bzw. seinen unterstellten Amtsveterinären in Aurich.
Für Anrufe/Mails zwecks Protest gegen diesen Transport nachstehende Kontakte:
Landrat Olaf Meinen:
e-mail: OMeinen@landkreis-aurich.de
Tel.: 04941 16 1600
Kreisrat S. Smolinski
e-mail: Smolinski@landkreis-aurich.de
Tel.: 04941 16 1630
Amtstierärzte
L. Blank:
e-mail: LBlank@landkreis-aurich.de
Tel.: 04941 16 3904
T. Wolgast
e-mail: TWolgast@landkreis-aurich.de
Tel.: 04941 16 3919
08.05.2021
Pressemitteilung der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (DJGT) zu einem in Kürze anstehenden Transport von 270 trächtigen Rindern von Aurich nach Marokko
Nachdem ein von Bayern nach Aurich vorgenommener Transport von über 30 trächtigen Rindern, die mit weiteren – ca. 250 – Tieren von dort aus nach Marokko weiter transportiert werden sollen, für Aufruhr gesorgt hat, fordern auch wir von der niedersächsischen Landesregierung, nun endlich tätig zu werden und diesen und weitere Transporte wirksam zu unterbinden.
Hintergrund des Transports einiger Rinder zunächst von Bayreuth nach Aurich ist die Tatsache, dass nach der aktuellen Erlasslage in Bayern Rindertransporte nicht nach Marokko abgefertigt werden dürfen. Um die Rinder aber doch nach Marokko transportieren zu können, wurden sie vor einigen Tagen einfach nach Aurich in Niedersachsen transportiert, wo Rinder immer noch nach Marokko abgefertigt werden, obwohl seit langem klar und seit vielen Jahren ausreichend belegt ist, was mit den angeblichen Zuchttieren in Marokko geschieht: Sie werden unter grausamen Bedingungen geschächtet, und dies nicht nach einem langjährigen Einsatz als Zuchttier, sondern relativ zeitnah nach der Ankunft in Marokko oder der ersten Abkalbung.
Nicht nur die Behandlung der Tiere im Bestimmungsland stellt eine eklatante Verletzung von deutschem und europäischem Tierschutzrecht und auch der Tierschutz-Vorgaben der OIE, der Weltorganisation für Tiergesundheit, dar, in der auch Marokko Mitglied ist, sondern auch der Transport von 30 Tieren dieser „Sendung“ von Süd- nach Norddeutschland, der den Tieren unnötiges Leid zufügt und ausschließlich der Umgehung des bayerischen Erlasses dient.
Wir fordern von der niedersächsischen Landesregierung, diesen und weitere Transporte lebender Tiere nach Marokko – auch in Form von Umgehungstransporten beispielsweise nach Ungarn mit sodann folgendem Weitertransport nach Marokko – nunmehr endlich zu unterbinden. Rechtlich ist das möglich und geboten.
In der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. mit Sitz in Berlin setzen sich Juristen aus allen Rechtsgebieten und Berufsgruppen gemeinsam für eine Stärkung und Weiterentwicklung des Tierschutzrechts ein.
Kontakt zu unserer Pressereferentin Jeannine Boatright:
j.boatright@djgt.de oder über poststelle@djgt.de
Rindertransport in Europa.
Foto: ©Animals` Angels e. V.
*********************************
Hier der Brief unserer Vereinsvorsitzenden Marianne Rautenberg an Norbert Lins, den CDU-Vorsitzenden des EU-Landwirtschaftsausschusses in Brüssel:
Sehr geehrter Herr Lins,
am vergangenen Freitag, den 30.4., fand vor dem Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium eine Mahnwache statt, die von Mitgliedern des bundesweiten Bündnisses "mensch fair tier" unterstützt wurde. Anlass für diese Aktion war die Information, dass 32 trächtige junge Rinder am 23.4.21 von Bayern nach Aurich transportiert wurden, die nach dortiger Quarantäne im Stall des Vereins Ostfriesischer Stammviehzüchter (VOST) vom Exporteur Lindena Deutsches Zuchtvieh nach Marokko geliefert werden sollen.
Da der Vorgang sehr schnell von den Medien aufgenommen wurde, fand unter Druck der Öffentlichkeit im Niedersächsischen Landtag bereits am Donnerstag, den 29.4., eine Debatte über dieses skandalöse Vorhaben statt. Der Redebeitrag von Frau Ministerin Otte-Kinast, -der uns vorliegt-, ergab dann, dass weitere 300 Rinder von Aurich nach Marokko transportiert werden sollen.
Während unserer Mahnwache am vergangenen Freitag kamen einige Mitglieder des Landtags (MdL) verschiedener Parteien zu uns und erklärten ihre Positionen, wobei die Kritik an diesen Transporten, - insbesondere am immer noch existierenden "Schlupfloch Aurich"-, ziemlich übereinstimmend geäußert wurde.
Auf den Redebeitrag von Herrn Damman-Tamke, CDU, dass diese Verhältnisse ja dank des EU-Untersuchungsausschusses zu diesem Thema bald geregelt werden würden, habe ich allen Anwesenden von unserem letzten Gespräch berichtet. Sie erinnern sich vielleicht an meine Frage, ob denn gewährleistet ist, dass durch alle bisherigen Maßnahmen (u.a. durch Untersuchungsausschuss und unseren Dialog) von Seiten des EU-Parlaments ein baldiges Ende der Tiertransporte in Drittländer tatsächlich herbeigeführt wird; leider konnten Sie keine befriedigende Antwort geben.
So bleibt trotz aller vorhandenen Erkenntnisse, wie Filmdokumente von Manfred Karremann oder Edgar Verheyen sowie Berichte internationaler Tierschutzorganisationen und die Transporte begleitender Veterinäre und Tierschutzbeauftragten eine desaströse Erkenntnis:
Politik scheint nicht Willens und nicht in der Lage zu sein, Tiertransporte in Drittländer zu unterbinden.
In Anbetracht der bevorstehenden Bundestagswahl bleibt dem informierten Wähler nur die vernichtende Gewissheit, dass vielfach dokumentierte und veröffentlichte Tierqual, - also eindeutige schwere Verstöße gegen das bestehende Tierschutzgesetz -, weder durch EU-Politik noch durch Bundes- oder Landespolitik beendet werden.
Dieses Entscheidungsvakuum wird in der Öffentlichkeit als politisches Versagen wahrgenommen.
Auch vor dem Hintergrund, dass dem EU-Parlament und allen Entscheidungsträgern in der EU bekannt ist, dass seit März 2021 Marokko die Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen einseitig ausgesetzt, also die diplomatischen Beziehungen einseitig beendet hat, ist völlig unverständlich, dass Lebend-Tiertransporte weiterhin nach Marokko geduldet und abgefertigt werden.
Dazu kommt die aktuelle Information des Auswärtigen Amtes bezüglich „Reise- und Sicherheitshinweise zu Marokko (Covid-19-bedingte Reisewarnung)“:
https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/marokkosicherheit/224080
Wir appellieren an Sie in Ihrer Funktion als Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) im Europäischen Parlament, ein klares Signal zu setzen. Das kann nur bedeuten, dass Lebend-Tiertransporte in Tierschutz-Hochrisikoländer, im aktuellen Fall nach Marokko, sofort gesetzlich untersagt werden müssen.
Deutschland muss in der EU hierzu endlich eine klare Position beziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Marianne Rautenberg
Mitglied im Bündnis „mensch fair tier“
1. Vorsitzende "Unsere Hände für viele Pfoten e.V."
30.04.2021
Mahnwache gegen Tiertransporte in Hannover
Im Rahmen einer Mahnwache gegen Tiertransporte am 30.04.2021 nahm die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Frau Barbara Otte-Kinast unsere Anregung, Kriterien für die Definition des Begriffs „Zuchttier“ zu erarbeiten, gerne auf. Die vor Ort ebenfalls anwesende Tierärztin Frau Dr. Claudia Preuß-Ueberschär (Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft) wurde zu diesem Zweck von der Ministerin spontan zu einem Arbeitstreffen geladen.
Weiterhin teilte Frau Otte-Kinast auf Anfrage mit, dass die Umsetzung des Bundesratsbeschlusses vom 12.02.2021 erwartet werde. Beschlossen wurde, dass die Bundeslandwirtschaftsministern Drittländer festlegt, in die ein Export bestimmter Tiere, insbesondere von Rindern, aus Gründen des Tierschutzes zu verbieten ist.
Anlass der Mahnwache war ein bisher öffentlich nicht bekannter Transport von 32 tragenden Rindern von Bayern nach Aurich. Von dort sollen sie die Reise nach Marokko antreten. Bereits einen Tag zuvor wurde dieser Transport im Landtag thematisiert.
(https://landtag-niedersachsen-tv.im-en.com/index2.php?Nr=sitzung_18_44&date=2021-04-29, ab 12:23 Uhr)
Entsprechend der politischen Willensbildung sollen sich Tiertransporte in Drittländer auf Tiere beschränken, die im Drittland auch der Zucht zugeführt werden. Allerdings gibt es erhebliche Zweifel, ob tatsächlich nur „Zuchttiere" exportiert werden.
Die SprecheInnen der einzelnen Fraktionen nahmen die Mahnwache zum Anlass, ihre einen Tag zuvor im Landtag vertretene Position den Aktivistinnen und Aktivisten darzulegen. Es sprachen Miriam Staudte (Bündnis 90/ Die Grünen), Jörn Domeier (SPD), Hermann Grupe (FDP) und Helmut Dammann-Tamke (CDU).
Gastrednerin Marianne Rautenberg (Kreistagsabgeordnete Lippe/NRW) legte anschaulich dar, wie die öffentliche Berichterstattung bei ihr im Kreis einen Prozess zum Aufbau regionaler Vermarktungsstrukturen angestoßen hat.
Video/ Podcast: https://www.youtube.com/watch?v=lrvF6IqANPE
Simone Oppermann und MitstreiterInnen
Dazu Marianne Rautenberg:
"Ich hatte nicht nur über unseren Vorstoß zur Regionalvermarktung gesprochen, sondern auch auf die Ausführungen des CDU-Abgeordneten Dammann-Tamke - "dank des EU-Untersuchungsausschusses würden jetzt in der EU die richtigen Weichen gestellt" - erwidert, dass bei unserer letzten Videokonferenz mit dem CDU-Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses Norbert Lins dieser auf die direkte Frage, ob er in seiner Funktion dafür sorgen kann, dass diese Transporte nun endlich beendet werden, keine entsprechende Aussage machen konnte.
Fazit: Nichts wird gut!
28.03.2021
UNVORSTELLBARER HORROR:
Großes Schlachten im Hafen von Cartagena:
1.600 Kühe werden getötet!
Die EU-Politiker haben sich trotz internationaler Bitten nicht gerührt. Ein großer Teil der Tiere sind mehr tot las lebendig, es sind auch viele Kälber darunter. Da die Tiere schon mindestens 2 Monate auf dem Mittelmeer unterwegs sind, wurden sie bereits als Kleinstkälber verschifft.
Dieser Umgang mit Mitgeschöpfen ist einer Zivilisation unwürdig!!
16.03.2021
Beschwerde und Antrag
Unser offener Brief an die EU:
Transporte von Jungbullen und Rindern aus Spanien
An:
Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission
Stella Kyriakides, EU-Kommissarin Health and Food Safety
Tilly Metz, Vorsitzende des EU-Untersuchungsausschusses ANIT
Kopie:
Anja Hazekamp, Leitung der Working Group on Animal Transport
Ilze Juhansone, Generalsekretärin der EU-Kommission / Secretary-General
Sekretariat des EU-Untersuchungsausschusses ANIT
11.03.2021
Transporte von Jungbullen und Rindern aus Spanien
Beschwerde und Antrag "Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien"
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Frau Kommissarin Kyriakides,
sehr geehrte Frau Vorsitzende des Untersuchungsausschusses ANIT,
der im Folgenden benannte Vorgang um die Schiffstransporte von mehr als 2000 Rindern ausgehend von Spanien zeigt eindeutig, dass die EU keine Wertegemeinschaft, sondern eine reine Handelsgemeinschaft ist. Wenn sich die EU als wirkliche Wertegemeinschaft sehen würde, wären Tiertransporte unter solchen ungeheuerlichen Umständen nicht denkbar. Hiermit hat die „Tierwirtschaft“ und der Transport von Tieren als deren Bestandteil ihren ethischen Tiefststand erreicht!
Nach der mehr als zweimonatigen Irrfahrt auf dem Mittelmeer (Frachtschiff „Karim Allah“) erfolgte die Anlandung von über 800 Jungbullen (genaue Zahlen sind nicht bekannt, da Tiere bereits verendet sind und ins Mittelmeer entsorgt wurden) im Hafen Escombreras von Cartagena und deren Tötung dort, weil vermutet wurde, dass die Tiere mit dem Virus der hochansteckenden Blauzungenkrankheit infiziert waren. Gewissheit darüber gibt es nicht, da die entnommenen Blutproben nicht auf die Infektion untersucht worden sind. Das Schicksal von weiteren 1776 Rindern auf dem Transportschiff „Elbeik“ ist nach wie vor ungewiss. Da diese Rinder als Schlachttiere per Frachtschiff von Spanien aus in Drittländer verbracht werden sollten, sind die spanischen Behörden nach EU-Verordnung (EG) Nr. 1/2005 für das Wohlergehen der Tiere während des Transportes bis hin zum Zielort verantwortlich.
Diese im EU-Recht verankerte Verpflichtung nehmen die spanischen Behörden nicht ausreichend wahr.
Es ist vielmehr so, dass die Rechtssätze der Urteile des EuGH in den Rechtssachen C-424/13 und C 383/16 bei transmediterraner Verbringung von Tieren nicht beachtet werden, weil es in den Zielstaaten gleichartige Bestimmungen gar nicht gibt.
Wir sehen uns nun veranlasst, Beschwerde gegen Spanien einzulegen.
Wegen fortgesetzter, seit Jahren bekannter massiver Verstöße gegen EU-Verordnungen fordern wir die Kommission auf, unverzüglich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien einzuleiten.
Begründung:
Die durch Presse und Medien europaweit bekannt gemachten, von NGOs aufgedeckten Enthüllungen der durch nichts zu rechtfertigenden tierquälerischen Transportbedingungen von Hunderten aus Europa in Drittländer verkaufter Tiere, sind nur die Spitze des Eisbergs und das Ergebnis einer völlig verfehlten Agrarpolitik, die Tiere ausschließlich als Handelsware bewertet und behandelt.
Die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtet, dass nach Informationen aus dem spanischen Landwirtschaftsministerium im Jahre 2019 von den Mittelmeerhäfen Tarragona und Cartagena 200 ehemalige Frachtschiffe mit insgesamt 150.000 Rindern und 760.000 Lämmern an Bord in Richtung außereuropäische Drittstaaten entsandt wurden.
Aufgrund der in der letzten Zeit zahllosen erschreckenden und auch nachprüfbaren Berichte über die nicht akzeptablen Bedingungen für Tiere aller Art auf Transporten innerhalb Europas und auf Anschlusstransporten, ist der Untersuchungsausschuss ANIT zur Aufklärung der Praktiken und Gesetzeskonformität bei Tiertransporten eingesetzt worden. Dieser Ausschuss, der für die Dauer eines Jahres arbeitet, soll über den weiteren Umgang der EU und seiner Mitgliedsländer mit Lebendtier-Exporten und zum WOHL der Tiere entscheiden. Mit Ergebnissen ist voraussichtlich nicht vor Juli 2021 zu rechnen.
Spanien ist mit der exponierten Lage seiner Häfen am Mittelmeer zum größten Exporteur Europas von Schlachttieren und als Zuchttiere deklarierten Tieren geworden.
Wegen einer massiven Überproduktion an Kälbern, insbesondere von Kälbern der Milchleistungsrassen, findet eine „Entsorgung“ dieser Tiere über den Export statt. Sie haben aufgrund ihrer züchterischen Ausrichtung auf Milchleistung eine genetisch bedingte unzureichende Mastfähigkeit und sind wirtschaftlich gesehen „Ausschussware“, die man so früh und so kostengünstig wie möglich über die Export- Entsorgungsschienen loswerden will.
Der Export nach Spanien hat neben einer grenzwertigen Wirtschaftlichkeit auch eine Reihe von als tierquälerisch einzustufenden Nebenerscheinungen sichtbar gemacht. Der Massentransport von wenige Wochen alten und zum Teil nicht abgesetzten Kälbern ist schon bei der ersten Verladung aus Tierschutzgründen abzulehnen. Die wiederholten Umladungen und langen Transportstrecken ohne adäquate Versorgung sind zudem nicht rechtskonform.
Aus diversen europäischen Staaten werden diese jungen Kälber nach Katalonien und Aragonien verbracht, um dort einige Monate in Mastbetrieben bis zum Wunschgewicht gemästet zu werden.
Von dort aus geht es über die Häfen Cartagena und Tarragona per Schiff in die Maghrebstaaten, Türkei und Arabische Länder; Staaten, von denen wir wissen, dass die dortigen Schlachtmethoden unsäglich sind und den europäischen Standards nicht genügen.
Es gibt wohl kein augenfälligeres Beispiel für die Fehlentwicklung der modernen „Tierwirtschaft“.
Es stellt sich die Frage, wie lange Politik und weisungsgebundene Behörden die Mittäterschaft an diesem Geschehen mit der Begründung der Handelsfreiheit noch rechtfertigen können.
Bisher wurde ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien trotz der vorliegenden Beweislage von der EU nicht eingeleitet. Auch die - nach erfolgter Beschwerde durch „Animal Welfare Foundation“ (AWF) - eingeleiteten Ermittlungen 2018 wegen Nichteinhaltung von EU-Verordnungen wurden ohne Konsequenzen für Spanien eingestellt.
Wir haben darauf verzichtet, an dieser Stelle auf die rechtlichen Grundlagen und Vollzugshinweise für Kälbertransporte gemäß Verordnung (EG) Nr.1/2005 und auf den Wortlaut aus der Tierschutztransportverordnung hinzuweisen.
Da die Europäische Union für sich in Anspruch nimmt, über die besten Tierschutzstandards der Welt zu verfügen, dass ihre Vorschriften von allen Mitgliedstaaten eingehalten werden und den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als FÜHLENDE WESEN in vollem Umfang Rechnung getragen wird, fordern wir Sie hiermit auf, diesem hohen Anspruch auch Taten folgen zu lassen und mit allem Nachdruck auf deren Durchsetzung zu bestehen.
Die offenbar gewordenen tierquälerischen Zustände auf den Transportschiffen mit Ausgangspunkt Spanien, die Weigerung der zuständigen Behörden, für Abhilfe zu sorgen, die Negierung der Zuständigkeit überhaupt, sind empörendes Zeugnis eklatanter Verstöße gegen EU-Recht und müssen geahndet werden. Sie sind eine Schande für Europa.
Wir bitten Sie dringend, aufgrund der für die gesamte Öffentlichkeit sichtbaren aktuellen Verstöße Spaniens gegen EU-Recht in Angelegenheiten des Tierschutzes, jetzt tätig zu werden und erwarten hierzu Ihre Antwort.
Freundliche Grüße
gez. Helga Leydag gez. Dr. Claudia Preuß-Ueberschär
Bürgerbündnis „mensch fair tier“ Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft e. V.
www.menschfairtier.de www.tfvl.de
Mitunterzeichner:
Ärzte gegen Massentierhaltung
Aktionsgemeinschaft Agrarwende Nordhessen e.V.
Animal Equality
Animals United
Berliner Landesbeauftragte für den Tierschutz
Bürgerinitiative LAHSTEDT-ILSEDE für TIER, MENSCH und UMWELT
Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. (DJGT)
Deutsche Tier-Lobby e. V.
Deutscher Tierschutzbund
Landestierschutzverband Niedersachsen e. V.
Dr. Norbert Alzmann
Dr. vet. Alexander Rabitsch
Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz
Berlin Förderverein des Peter-Singer-Preises für Strategien zur Tierleidminderung e. V.
Menschen für Tierrechte Nürnberg e. V.
Ostfriesen gegen Tierleid
PETA
PROVIEH e.V.
Robbenzentrum Föhr
TASSO e. V.
Tierärzte für Tiere
Unsere Hände für viele Pfoten e. V.
Verein für Tierrechte e. V.
Welttierschutzgesellschaft e. V.
XORGA Bündnis für Tierrechte
06.03.2021
Tragödie: Auf dem Mittelmeer irren Rinder aus der EU umher
Rinder auf dem Schiff «Karim Allah», aufgenommen am 24. Februar. Photo: Tallia Shipping Line Co. Srl / Reuters
Quelle: NZZ
In den politisch tätigen Tierschutzorganisationen ist die Tragödie der auf dem Mittelmeer umherirrenden Rinder aus der EU DAS Thema.
Immer wenn wir denken, gruseliger geht es nicht mehr, müssen wir uns mit erneuten Perversitäten auseinandersetzen.
1,3 Millionne Tiere gehen von der EU täglich auf den Transport in Drittländer!
Hier ein Presseartikrel der NZZ vom 04.03.2021 zu dem Thema:
https://www.nzz.ch/panorama/cartagena-karim-allah-eu-tiertransporte-hunderte-rinder-werden-notgeschlachtet-ld.1604370
Auch die LZ berichtete dazu am 30.01.2021:
„In der Wüste wächst kein Gras“
Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht fordert ein bundesweites
Verbot von Tierexporten in bestimmte Länder. Gerichte geben Händlern oft Recht.
Kreis Lippe. Das Veterinäramt Lippe hatte für drei zum Verkauf stehende trächtige Rinder nur auf richterliche Anordnung erforderliche „Vorlaufatteste“ ausgestellt. Es hatte den Weiterverkauf der Färsen von einem lippischen Hof und den anschließenden Transport nach Algerien so
verhindern wollen – die LZ berichtete. Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht fordert ein bundesweites Verbot von Tierexporten in bestimmte Staaten, sagt deren stellvertretende Vorsitzende Dr. Barbara Felde.
Frau Dr. Felde – die Lipper haben vor Gericht verloren. Ein Einzelfall?
Dr. Barbara Felde: Solche Fälle sind schon im Frühjahr 2019 extrem durch die Verwaltungsgerichte gelaufen, nachdem Tierärzte sich geweigert hatten, die Atteste
auszustellen. Sie haben dann vor sehr, sehr vielen Gerichten verloren – so wie die Lipper nun vor dem Verwaltungsgericht in Minden. Viele Veterinäre haben daraufhin wieder Atteste ausgestellt, weil sie keinen Sinn in der Verweigerung gesehen hatten.
Einige Tierärzte haben anschließend aber die Abfertigung an den Sammelstellen verweigert...
Felde: Ja, und dann haben Gerichte sie doch zur Abfertigung verpflichtet. Unseres Erachtens unter Verkennung der konkreten Gefahren, die den Tieren auf dem Transport und nach Ankunft im Drittland drohen. Manche Gerichte haben aber auch gesagt: richtig so! Das gesamte Tiertransportrecht ist sehr undurchsichtig und komplex, und diese gerichtlichen Entscheidungen fielen immer im Eilverfahren unter zeitlichem Druck.
Warum? Weil die Schiffe auslaufen sollten?
Felde: Angeblich – und weil ja die Tiere bis zu einem gewissen Trächtigkeitsstadium dort ankommen müssen. In vielen Fällen war es aber gar nicht so, die Tiere sind trotzdem noch zwei Wochen stehen geblieben. Da läuft alles mit sehr viel Druck.
Diese schnellen Prüfungen sind das Problem?
Felde: Wir glauben, dass viele Gerichte sich in der Materie gar nicht richtig auskennen und die Verstöße in den Drittstaaten ’runterspielen. Dabei weisen Tierschutzorganisationen diese seit mindestens 30 Jahren nach. Also geben die Gerichte den wirtschaftlichen Grundrechten der Transporteure mehr Gewicht als dem Tierschutz – der aber in der Verfassung steht.
Obwohl die Transporte in vielen Ländern, wie in NRW, verboten sind, wird also exportiert?
Felde: In fast allen Bundesländern haben sich Transporteure die Abfertigung eingeklagt.
Jedes Mal aufs Neue?
Felde: Ja, und deswegen haben einige Länder ihre Erlasse wieder zurückgenommen. Weil sie nämlich die Kosten tragen, wenn sie vor Gericht verlieren. Es gibt übrigens Veterinärämter in Deutschland, die sehr gerne abfertigen. Da sind Brandenburg, Niedersachsen und
auch NRW ganz groß.
Das heißt, ein Händler beispielsweise aus Hessen verkauft erst dorthin und dann weiter, etwa nach Algerien?
Felde: Ja, regional starke Verbände kaufen die Kühe auf und sorgen dafür, dass sie zu einer Sammelstelle kommen, die ohne Probleme abfertigt.
Sie fordern eine bundeseinheitliche Regelung. Welche Signale bekommen Sie denn aus Berlin?
Felde: Keine guten. Wir rechnen nicht mit einer Rechtsverordnung durch das Bundeslandwirtschaftsministerium. Da muss der Gesetzgeber aktiv werden. Daher hoffen wir auf die Bundestagswahlen und auf Initiativen. Anders geht es wohl nur noch, wenn die Veterinärämter aufgrund der ganz konkreten Gefahren für die Tiere in den Drittländern, um die alle wissen, jeden einzelnen Transport verbieten, der direkt in ein Drittland geht oder
offiziell zunächst „nur“ bis Ungarn führt, dann aber weiter nach Usbekistan oder Kasachstan fährt.
Dass Kühe tierschutzkonform transportiert und gehalten werden, das glauben Sie gar nicht?
Felde: In den besagten Drittstaaten ist eine artgerechte Haltung ja überhaupt nicht möglich. Algerien oder Marokko sind Wüstenstaaten, da gibt es weder Heu noch grüne Wiesen in ausreichender Menge, die deutsche Hochleistungs-Milchviehrassen brauchen. Die Tiere
werden höchstens so lange gehalten, bis sie gekalbt haben, und dann geschlachtet – und zwar nicht im Schlachthaus, wo Anforderungen an den Tierschutz gestellt werden. Wir brauchen unbedingt ein deutschlandweites, am besten gesetzliches Verbot von
Lebendtiertransporten in Drittländer wie Marokko, Algerien, den Libanon oder Aserbaidschan.
Das Interview führte LZ-Redakteur Martin Hostert.
Quelle: https://epaper.lz.de
14.12.2020
Pressemitteilung/ Stellungnahme "Deutsche Tier-Lobby e.V.":